HERAUSGEGEBEN VON GERALD BRAUNBERGER, JÜRGEN KAUBE, CARSTEN KNOP, BERTHOLD KOHLER


Ukraine beginnt im Donbass mit „offensiven Aktionen“

Kiew dementiert russischen Bericht über hohe Verluste / „Ablenkung von Bachmut“

Die Ukraine weist die russische Darstellung zurück, sie habe im ostukrainischen Gebiet Donezk eine „groß angelegte Gegenoffensive“ begonnen. Zwar gingen die ukrainischen Streitkräfte an einigen Teilen der Front „zu offensiven Aktionen über“, schrieb am Montag die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar auf Telegram. Sie wies jedoch die Darstellung zurück, dies sei Teil eines größeren ukrainischen Vorstoßes. Derartige Berichte sollten nur von den russischen Verlusten in der Umgebung Bachmuts ablenken, wo sich weiter die meisten Auseinandersetzungen abspielten.

Die russische Armee erklärte zuvor, sie habe eine angebliche Großoffensive der ukrainischen Verteidiger zurückgeschlagen und dabei 900 ukrainische Soldaten getötet. „Der Feind hat seine gesteckten Ziele nicht erreicht“, sagte ein Sprecher in Moskau. Durch aktives Handeln der Heeresgruppe „Ost“, Luftschläge und Artilleriefeuer seien dem Gegner in Neskutschne im Gebiet Donezk und Nowodariwka im Gebiet Saporischschja erhebliche Verluste zugefügt worden.

Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgenij Prigoschin, erhob indes schwere Vorwürfe gegen die reguläre Invasionsarmee. Eine russische Einheit soll demnach Kämpfer seiner Söldner in der Ostukraine angegriffen haben. Wagner-Kämpfer hätten dabei einen russischen Oberstleutnant gefangen genommen, teilte Prigoschin auf Telegram mit. Prigoschin sprach in Übereinstimmung mit der Kiewer Darstellung überdies von ukrainischen Geländegewinnen in der Nähe von Bachmut.

Nach einem Bericht der Zeitung „The Washington Post“ über die Verwendung belgischer Gewehre durch kremlfeindliche Kämpfer in Russland hat Belgien von der Ukraine eine Erklärung gefordert. „Die Regel ist klar: Waffen, die wir an die Ukraine liefern, sind für defensive Zwecke bestimmt und dafür, ukrainisches Territorium zu verteidigen“, sagte Ministerpräsident Alexander De Croo dem belgischen Rundfunk. Der amerikanische Sender CNN berichtete am Montag, dass US-Geheimdienstvertreter davon ausgingen, dass die Ukraine ein Netzwerk von Saboteuren in Russland kontrolliere.

SPÖ wählte doch Babler zum Vorsitzenden

Panne nach Stimmenauszählung zufällig entdeckt / Doskozil erkennt Niederlage an

In der österreichischen Sozialdemokratie hat der Kampf um den Vorsitz eine groteske Wendung genommen. Bei der Auszählung der Stimmen auf dem Linzer Parteitag am vergangenen Samstag sind die Ergebnisse vertauscht worden. Tatsächlich ist Andreas Babler der Sieger, nicht wie in Linz verkündet Hans Peter Doskozil. Das teilte die SPÖ-Geschäftsstelle am Montag mit.

Doskozil, der das Amt des burgenländischen Landeshauptmanns bekleidet, akzeptierte umgehend die Niederlage, gratulierte Babler und fügte hinzu, für ihn sei das Thema Bundespolitik damit abgeschlossen. Babler äußerte sich am Abend in der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße ohne Töne des Triumphes. Wie Doskozil sprach er von einem „Tiefpunkt“ für die SPÖ. Er forderte eine abermalige, gründliche und transparente Überprüfung. Sollte dann feststehen, dass er auf dem Parteitag die meisten Delegiertenstimmen erhalten habe, dann werde er das Amt übernehmen und „am völligen Comeback“ der SPÖ arbeiten.

Die Leiterin der Wahlkommission hatte am Nachmittag angegeben, der Fehler sei auf dem Parteitag bei der Übertragung der ausgezählten Stimmen in eine Excel-Tabelle passiert. „Das Ergebnis wurde umgedreht.“ Dass es überhaupt zur Neuauszählung am Montag kam, hing mit einem Zufall zusammen. Beim zunächst offiziell verkündeten Ergebnis fehlte eine Stimme. Die wurde gefunden und war ungültig. Gleichzeitig wurde aber auch entdeckt, dass die Stimmen falsch zugeordnet wurden. Laut dem nun vorliegenden Ergebnis kam Doskozil auf 280 Stimmen, Babler hingegen auf 317.

Dem Parteitag war ein Machtkampf vorausgegangen, der seit Jahren schwelte und im März offen entbrannte, und zwar zunächst zwischen Doskozil und der bisherigen SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner. Die beiden vereinbarten eine Mitgliederbefragung, an der dann auch Babler teilnahm, als Bürgermeister der Provinzstadt Traiskirchen ein bundespolitischer Neuling. Dabei kam Doskozil nur sehr knapp vor Babler und Rendi-Wagner, die sich aus der Politik zurückzog. Nach der Auszählungspanne sagte Doskozil voraus, nun werde es „Häme und Spott geben“. Genau so reagierte die politische Konkurrenz.

Anklage gegen Björn Höcke erhoben

Thüringer AfD-Chef soll eine verbotene Losung der SA verwendet haben

Die Staatsanwaltschaft Halle hat Anklage gegen den Thüringer Partei- und Fraktionsvorsitzenden der AfD, Björn Höcke, erhoben. Der vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsex­trem eingestufte Politiker soll im Mai 2021 bei einer Rede in Merseburg in Sachsen-Anhalt die verbotene SA-Losung „Alles für Deutschland!“ verwendet haben, teilte die Anklagebehörde am Montag mit. Höcke werde deshalb wegen des Gebrauchs von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen angeklagt. Höcke, der vor seiner politischen Karriere in Thüringen Geschichtslehrer in Hessen war, kenne demnach Herkunft und Bedeutung der Losung der sogenannten Sturmabteilung der NSDAP. Die Verteidigung des 51 Jahre alten Politikers bestreite jedoch, dass die Äußerung strafrechtlich relevant sei, so die Staatsanwaltschaft. Sie unterstrich, dass bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung gelte. Über die Zulassung der Anklage entscheidet die Große Strafkammer des Landgerichts Halle. Der Justizausschuss im Thüringer Landtag in Erfurt hatte erst im April zum wiederholten Mal die Immunität Höckes aufgehoben, wodurch die Anklageerhebung möglich wurde.


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